Ein pummeliges altes Weiblein, dessen Kopfhaut unterm dünnen, fliegenden Haar freiliegt, dessen knittriges Gesicht von zentimeterdicker Schminke mühsam zusammengehalten scheint, zu greller Lippenstift, zu blauer Lidschatten und kreisrunde Rouge-Flecken auf den Wangen, zu dunkel, zu rot, zu kräftig, zu rund. Opfer der weiblichen Maskerade bis ins Alter, was sie selbst wohl im Spiegel sieht, ob sie sich schön erscheint statt lächerlich, ich wünsch‘ es ihr.
5 Comments for “Opfer der Maskerade”
Bjoern
says:Denke bitte daran: Von Montag bis Mittwoch gilt wieder das Senioritätsprinzip. Da dürfen wir uns solche bitteren Urteile über Ältere nicht erlauben.
Schönen Sonntag noch
jary
says:ja, das ist ihr zu wünschen. aber den alten gegenüber ist das urteil doch gar nicht so bitter… oder?
Die Sprachspielerin » Hundert | Literarischer Blog
says:[…] Die ungefähr hundert Centimeter kleine und ungefähr hundert Jahre alte Französin, ganz zerknittert, schlank, elegant, mit wildem weißen Haar, die auf dem Odeonsplatz ihre Freundin oder Tochter lauthals und energisch anfährt: "Mais si, alors…" oder war’s: "Mince alors"? Hellwacher und energiegeladener, selbstbewusster und würdevoller kann man kaum sein, das ist doch ein Trost. […]
Sprachspielerin
says:@Bjoern + jary: Nein, ich finde auch nicht, dass mein Urteil über Ältere bitter ist. Ich würde mir nur wünschen, dass ich einmal eher wie die Französin und nicht wie die überschminkte Dame werde in diesem Alter…