Drei Wochen Schule, die mir schon wieder wie eine Ewigkeit vorkommen. Ich bin wieder drin, im Trott. Früh aufstehen, manchmal lang arbeiten, manchmal zu lang arbeiten, sodass ich dann nicht schlafen kann, wieder früh aufstehen. Irgendwann Wochenende, aber auch da läuft die Vorbereitung am Computer oder zumindest im Kopf.
Drei Wochen Schule in einem neuen Bundesland. Ich sage noch Ausfrage (was den Schülern neu ist), aber nicht mehr Schulaufgabe. Hier schreibt man Klassenarbeiten. Exen gibt es nicht, insofern ist auch das Problem mit dem richtigen Artikel gelöst (oder das mit dem h in der Stegreifaufgabe). Bayern ist das Bundesland, in dem es viele Regeln für Dinge gibt, die hier jeder macht wie er meint. Ich weiß noch nicht, was besser ist. In Bayern weiß man, woran man ist, hier hat man die Freiheit. Größtes Glück für einen Deutschlehrer: man muss keine Übungsaufsätze schreiben.
Drei Wochen Schule und ich muss sagen: ich habe nette Schüler! Die meisten sind extrem unanstrengend. Ruhig, freundlich, fragen nach, melden sich, wollen etwas lernen. Das kenne ich so nicht. Zumindest nicht so extrem, nicht so klassenweise. Gleich drei 12. Klassen, die ich allesamt küssen könnte. Ungewohnt.
Drei Wochen Schule mit lauter Klassen, die ich mindestens ein Jahr lang unterrichten werde. Auch das ist neu. Vielleicht werde ich meine 12ten auch zum Abitur führen (hier nach der 13.), also noch ein weiteres Jahr haben, das ist sogar wahrscheinlich bzw. üblich. Die Schüler können und müssen sich an mich gewöhnen. Sind mir richtiggehend ausgeliefert. Auch hier weiß ich noch nicht, ob das gut ist.
Drei Wochen Schule und die Erkenntnis, wie sehr mich meine Seminarlehrer geprägt haben. Ich versuche Farben im Tafelbild einzusetzen und die Überschriften als Fragen zu formulieren. Ich schreibe mir Zettel für die Ausfragen, mit Frageoperatoren statt W-Fragen, Transferfragen und erwarteten Antworten. Ich muss mir Aufsatzarten mühsam selbst erarbeiten, weil mir das leider nicht vermittelt wurde. Ich schreibe alle Vokabeln in Italienisch an die Tafel, statt sie die Schüler aus dem Buch abschreiben zu lassen. Ich habe nachts absurde Ängste, dass mich am nächsten Tag jemand im Unterricht besuchen kommen könnte. Prägend, dieses Referendariat.
Drei Wochen Schule und die Erinnerung, was ich an diesem Beruf von Anfang an gemocht und was ich gehasst habe. Die Vorbereitung macht oft Spaß. Das Unterrichten manchmal. Ich mag es, wenn ich glaube, dass die Schüler das Leuchten in meinen Augen sehen, wenn ich von etwas begeistert bin und es weitergeben darf. Ich leide mit den Schülern, wenn ich trockenen Stoff vermitteln muss. Ich mag, wenn die Schüler etwas lernen von mir und wenn ich mit ihnen lachen kann. Und dann gibt es die Tage, da säße ich lieber in einem Maulwurfsloch als auf dem Präsentierteller vor der Klasse. Ich hasse es, Schüler zu bestrafen, immer noch. Dann klopft mein Herz ganz laut. Aber ich habe gelernt, dass es nicht anders geht, wenn ich nicht will, dass mir alles über den Kopf wächst und ich nicht mehr gerne in die Schule gehen möchte. „Wehre den Anfängen! zu spät wird die Medizin bereitet, wenn die Übel durch langes Zögern erstarkt sind.“
Drei Wochen Schule und ich merke, was ich gelernt habe. Vieles ist Routine, über Manches muss ich nicht mehr nachdenken, auch wenn ich es ein ganzes Jahr lang nicht mehr getan habe. Ist doch wie Autofahren. Was ich auch gelernt habe: auf mich aufpassen. Daran arbeite ich, aber es wird gehen.
2 Comments for “Drei Wochen Schule”
Elvis. K
says:Hört sich so an, als wären die eine ziemlich gute und sympathische Lehrerin, die sich wirklich für ihre Schüler interessiert. Hatte ich mir in meiner Schulzeit auch gewünscht🙈
Sprachspielerin
says:Ach, solche Lehrer gibt es immer wieder, meiner Erfahrung nach sind das sogar recht viele. Klar interessiere ich mich für meine Schüler. Aber ob ich wirklich „gut und sympathisch“ bin, muss man wohl meine Schüler fragen. 🙂